Spandauer Abendmahlsfeier am 1. November 1539 in Carl Röhlings Darstellung von 1913

Der Berliner Historienmaler Carl Röhling (1849–1922) schuf 1913 ein großformatiges Ölgemälde, das die Spandauer evangelischen Kirchengemeinden anläßlich der Einweihung des neuen Rathauses der Stadt Spandau schenkten. Später wurde dieses Bild im südlichen Seitenschiff der Spandauer Nikolaikirche aufgehängt, wo es heute noch zu sehen ist.

Spandauer Adelsmesse von Carl Röhling 1913

Foto: Kirchengemeinde St. Nikolai Spandau, Sabine Müller

Als Titel des Gemäldes hat sich „Spandauer Adelsmesse“ eingebürgert. Das Bild zeigt die erste offizielle evangelische Abendmahlsfeier, die wahrscheinlich am 1. November 1539 in der Spandauer Nikolaikirche stattgefunden hat: Damals soll der Brandenburger Bischof Matthias von Jagow dem brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. und den ihn begleitenden Adligen das Abendmahl in beiderlei Gestalt – mit Brot und Wein – gereicht haben. Anwesend sind zahlreiche weitere Personen: Höflinge, Geistliche und Bürger.

Das Bild ist historisch in mehrfacher Hinsicht problematisch:
1. Wo, wann und unter welchen Umständen die erste offizielle evangelische Abendmahlsfeier im Kurfürstentum Brandenburg stattgefunden hat, ist in der Forschung umstritten.
2. Zahlreiche Details von Röhlings Darstellung entsprechen nicht der historischen Wirklichkeit.
3. Röhlings Bild verklärt das Herrscherhaus der Hohenzollern.

Obwohl das Bild keine Abbildung geschichtlicher Wirklichkeit, sondern eine modernen Interessen dienende Inszenierung und Monumentalisierung dieser Wirklichkeit ist, bildet es das Kerngeschehen der brandenburgischen Reformation ab: die Rückkehr der Kirche zum biblischen Ideal des Christentums, die entscheidend von Kurfürst Joachim II. bestimmt war und die ihren Beginn in der Abendmahlsfeier mit Brot und Wein hatte.

Weiterführende Literatur:

Stegmann, Andreas: Brandenburgische Reformationsgeschichte im Bild. Carl Röhlings Darstellung der Spandauer Abendmahlsfeier am 1. November 1539 (in: Reformation in Brandenburg. Verlauf, Akteure, Deutungen, hg. v. Frank Göse, Berlin 2017, 301–323)

Andreas Stegmann

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