Das Verbot von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in Brandenburg (1524)

Das Verbot von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in Brandenburg (1524)

Titelblatt der Lutherbibel, 1541  (Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4503439)

Im September 1522 erschien in Wittenberg eines der wichtigsten Bücher, die je in deutscher Sprache gedruckt worden sind: Luthers Übersetzung des Neuen Testaments. Es war nicht die erste deutsche Bibelübersetzung, aber die erste, die konsequent auf den griechischen Urtext zurückging und diesen Urtext in ein gehobenes Alltagsdeutsch übertrug. Diese Übersetzung wurde zu einem Bestseller: Tausendfach gedruckt verbreitete sie rasch im ganzen deutschen Sprachraum und verdrängte die älteren Bibelübersetzungen. Dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung lesen konnte, behinderte die Ausbreitung nicht, wurde doch viel Gedrucktes vorgelesen und verbreitete sich durch Weitererzählen.

Auch in Brandenburg wurde Luthers Übersetzung des Neuen Testaments gekauft und gelesen – zum großen Missfallen von Kurfürst Joachim I. Luther war seit 1521 in Acht und Bann. Das „Wormser Edikt“ von 1521, das die Acht über Luther verhängt hatte, hatte zugleich alle reformatorischen Schriften verboten. Dieses Wormser Edikt galt auch in Brandenburg und wurde hier konsequent umgesetzt: Im Jahr 1524 erließ der brandenburgische Kurfürst ein Edikt gegen Luthers Bibelübersetzung. Es verbot den Vertrieb und das Lesen der Lutherbibel, und es befahl die Konfiskation aller in der Mark zu findenden Exemplare. Der Kurfürst begründete sein Verbot mit den vermeintlichen Fehlern von Luthers Übersetzung: Was so falsch übersetzt sei, dürfe nicht in die Hände von Laien kommen. Der Kurfürst lehnte dabei gar nicht an sich die Beschäftigung mit der Bibel ab, sondern empfahl die Benutzung älterer, in seinen Augen bewährter Übersetzungen.

Diese Empfehlung zeigt, dass die Bibel in der spätmittelalterlichen Kirche durchaus präsent war. Im Gottesdienst und in der persönlichen Frömmigkeitspraxis spielte sie in der Zeit vor der Reformation eine immer wichtigere Rolle. Allerdings blieb ihre Bedeutung beschränkt – entscheidend war immer noch das kirchliche Lehramt, das die Bibel auslegte und die Beschäftigung mit ihr anleitete. Mit dieser Unterordnung der Bibel unter die Kirche hatte die Reformation gebrochen. Sie machte die Bibel zur Norm für die Kirche und rückte sie ins Zentrum kirchlicher Frömmigkeit und christlichen Lebens. Deshalb musste es eine gut verständliche Bibelübersetzung geben und alle Christen mussten in Grundzügen über die biblische Botschaft Bescheid wissen.

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