Eine Türkentaufe (1573)

Eine Türkentaufe (1573)

Sultan Süleyman I., der Gegner, gegen den sich ein vom brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. angeführter Feldzug im Jahr 1542 richtete (Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2646041)

Im 16. Jahrhundert gab es in Deutschland keine Muslime. Man wusste natürlich, dass der christliche Glaube nicht der einzige und dass in Nahen und Mittleren Osten der Islam die dominierende Religion war. Das Osmanische Reich war eine ständige Bedrohung im Südosten Europas und die ,Türkenbücher‘ boten grundlegende, aber vielfach auch verzerrte und irreführende Informationen über den Islam. Dann und wann verschlug es auch einen Muslim ins christliche Abendland, in der Regel als Kriegsgefangenen. Während des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit gab es eine lange Reihe militärischer Auseinandersetzungen zwischen christlichen und islamischen Kontrahenten, in denen beide Seiten Gefangene machten.

Im Zusammenhang des kaiserlichen Abwehrkriegs gegen die Osmanen wurde irgendwann in den 1560er Jahren der „Türke“ Salomo (Suleiman) Bugalli gefangengenommen und nach Deutschland gebracht. Wir wissen nichts Genaueres über diesen Mann, nur dass er sich 1573 in Halle an der Saale aufhielt, wo der brandenburgische Kurprinz Joachim Friedrich als Administrator des Erzstifts Magdeburg residierte. Bugalli gehörte wahrscheinlich zum Hof des Administrators und wollte (oder sollte?) damals nach Jahren in der Fremde die christliche Taufe empfangen. Solche „Türkentaufen“ gab es selten, aber doch immer wieder. Man sah in ihnen den Beleg für den allgemeinen Heilswillen Gottes, der auch die muslimischen ,Heiden‘ erreichte.

Der Magdeburgische Hofprediger Jakob Eisenberg bereitete sich gewissenhaft auf die Taufe Bugallis vor und vollzog dann in der Marienkirche in Halle den Taufakt. Zwanzig Jahre später veröffentlichte er in Frankfurt an der Oder einen Bericht über dieses Ereignis zusammen mit dem Katechismus, mit dessen Hilfe Bugalli, der bei der Taufe den sprechenden christlichen Namen Paul Willig bekommen hatte, sich den christlichen Glauben angeeignet hatte: „Kurtze Einfeltige fragen vnd antwort / die einem gebornen Türcken Ehe er getaufft worden / mit dem Kleinen Catechismo / deß Ehrwirdigen vnd hochgelarten Herrn D. Martini Luthers seligen / Zu lernen sind vorgeschrieben worden“ (1595). Bugalli und Eisenberg gehörten auch in den 1590er Jahren noch zum Gefolge Joachim Friedrichs, der 1598 brandenburgischer Kurfürst wurde. Für den Fürsten wie für seinen Prediger dürfte diese Taufe eine tiefere Bedeutung gehabt haben: Hier war ein Außenstehender durch die lutherische Verkündigung für das Christentum gewonnen und zum Teil der christlichen Welt gemacht worden. So gab es Ende des 16. Jahrhunderts einen getauften „Türken“ in der Mark Brandenburg.

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