Der Petersablass, der den Ablassstreit und letztlich die Reformation auslöste, wurde 1517 auch in der Mark vertrieben. Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg hatte den Dominikaner Johannes Tetzel mit dem Ablassvertrieb hier beauftragt. Unter dem Schutz von Kurfürst Joachim I., der den Petersablass aus politischen Gründen förderte, soll sich Tetzel 1517 einige Zeit in Berlin aufgehalten haben. Allerdings sind die Hinweise auf einen solchen Aufenthalt unsicher, und es ist durchaus möglich, dass Tetzel niemals persönlich in Berlin war. Vielleicht stellt das Terrakotta-Relief am Roten Rathaus (gleich rechts oberhalb des Haupteingangs) nur eine Legende dar, wenn es Tetzel zeigt, wie er den Berliner Bürgern den Ablass predigt.
Aus Berichten aus anderen Städten wissen wir, wie das in Berlin abgelaufen sein könnte: Tetzel zog mit einem ganzen Tross an Ablasspredigern und Beichtvätern feierlich in die Stadt ein. In einer der Hauptkirchen richtete er ein großes rotes Holzkreuz auf, das mit dem päpstlichen Wappen geschmückt war. Dieses Kreuz zeigte, dass die Stadt dank der Ablasskampagne zu einem Gnadenort wie das päpstliche Rom, ja wie das heilige Jerusalem selbst geworden war; die Menschen mussten nicht mehr dorthin pilgern, um der Ablassgnaden teilhaftig zu werden. Zusätzlich wurden sechs weitere Kirchen bestimmt, in denen der Ablass verkündet und für den Ablasserwerb notwendige Frömmigkeitsleistungen erbracht wurden. In diesen sieben Kirchen wurde der Ablass gepredigt, die Möglichkeit zur Beichte gegeben und nach dem andächtigen Besuch dieser Kirchen und einer frommen Spende die Ablassgnaden zuerkannt. Wer zusätzlich die Ablassgnaden auch für die Zukunft erwerben wollte, liess sich gegen Bezahlung eine Urkunde darüber ausstellen. Das sonstige kirchliche Leben ruhte während der Ablasskampagne weitgehend, denn nichts durfte mit diesem großen Gnadenangebot konkurrieren. Aus der Stadt und dem ganzen Umland strömten Menschen zur Ablasskampagne, hörten die Ablasspredigten, besuchten die sieben Kirchen, gaben ihre Spende für den Petersdom und empfingen einen Ablassbrief, der ihnen den Erlass von Genugtuungsleistungen und Fegefeuerstrafen bescheinigte. Die Geldzahlung war übrigens den finanziellen Verhältnissen des Ablasserwerbers angepasst. Wer gar nichts zahlen konnte, erhielt den Ablass sogar ohne finanzielle Gegenleistung.
Die Kampagne für den Petersablass 1517 ließ sich nicht schlecht an. Allerdings gab es in Kirche und Bevölkerung ablasskritische Stimmen, die schließlich im Herbst 1517 in Luthers 95 Thesen und dem auf sie folgenden Ablassstreit kulminierten. Dieser Streit beendete die Ablasskampagnen und versetzte dem ganzen Ablasswesen einen schweren Schlag. Tetzels Tätigkeit im Jahr 1517, die ihn möglicherweise auch in die Mark Brandenburg führte, war der Schlusspunkt dieses Kapitels der mittelalterlichen Kirchengeschichte.