Frankfurt (Oder)

Stadtansicht des frühneuzeitlichen Frankfurt

Frankfurt (Oder) war um 1500 eine der wichtigsten Städte der Mark Brandenburg. Dank der 1506 gegründeten Universität und des mit ihr verbundenen Buchdrucks wurde die Handelsmetropole an der Oder auch zu einem kulturellen Zentrum. Das kirchliche Leben in der Stadt war geprägt von der spätmittelalterlichen Frömmigkeitsblüte: Es gab zahlreiche Kirchen und Kapellen, Bürger stifteten für religiöse Zwecke, die Franziskaner und Kartäuser hatten einen Konvent, es bestand ein Beginenhaus – die Stadt war erfüllt von einem reichen religiösen Leben.

Für die Reformationsgeschichte wichtig wurde die Frankfurter Universität durch eine Disputation im Februar oder März 1518, bei der Johannes Tetzel den Ablass gegen die Kritik Martin Luthers verteidigte. Die Thesen für diese Disputation hatte der Frankfurter Theologieprofessor Konrad Wimpina verfasst, der auch in den Folgejahren zusammen mit anderen Frankfurter Dozenten (Johannes Mensing, Ruprecht Elgersma, Wolfgang Redorffer) die Papstkirche gegen die Reformation verteidigte. Die papsttreuen Frankfurter Theologen wurden vom Lebuser Bischof und vom brandenburgischen Kurfürsten Joachim I. unterstützt. Die Reformation und die Konkurrenz mit der Universität Wittenberg führten in den 1520er und 1530er Jahren zu einem Rückgang der Studentenzahlen.

Während der 1530er Jahre zeigten sich in Stadt und Universität erste reformatorische Regungen: Der Universitätsdozent Jodokus Willich öffnete sich für die Reformation, der Ratsherr Thomas Ryben erwarb 1534 eine Lutherbibel und 1536 wurde Andreas Ebert von reformatorisch gesinnten Bürgern als erster lutherischer Prediger nach Frankfurt berufen. Es ist anzunehmen, dass es unter den Bürgern der Stadt eine wachsende Sympathie für die Reformation gab. Schon vor der offiziellen Einführung der Reformation begann Kurfürst Joachim II. mit der Sicherung des Kirchenguts: 1536 liess er wertvolle Ausstattungsstücke der Frankfurter Marienkirche in die Cöllner Stiftskirche überführen und 1537/38 unterstellte er den Frankfurter Kartäuserkonvent seiner vermögensrechtlichen Kontrolle.

Mit der Einführung der Reformation im Kurfürstentum Brandenburg am 1. November 1539 begann auch in Frankfurt die umfassende kirchliche Erneuerung. Wohl am 11. November 1539 wurde der erste evangelische Abendmahlsgottesdienst in der Frankfurter Marienkirche gefeiert. Mit der ersten Visitation in Frankfurt im September 1540 wurde die kurbrandenburgische Kirchenordnung eingeführt und die Gemeindeorganisation (Personal, Finanzen etc.) und das kirchliche Leben (Gottesdienste, Unterweisung etc.) wurden im Sinne der Wittenberger Reformation umgestaltet. Wichtig war auch die Reform der Universität im Sinne der Reformation, die die Viadrina zu einer der führenden lutherischen Hochschulen im Reich machte. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts prägte der lutherische Theologe Andreas Musculus als Theologieprofessor, Pfarrer an St. Marien und märkischer Generalsuperintendent in Personalunion Stadt und Universität im Sinne des sich entwickelnden konfessionellen Luthertums.

Andreas Stegmann

Weiterführende Literatur:

Bürger, Pfarrer, Professoren. St. Marien in Frankfurt (Oder) und die Reformation in Brandenburg, hg. v. Maria Deiters u. Gotthardt Kemmether, Dresden 2017

Höhle, Michael: Universität und Reformation. Die Universität Frankfurt (Oder) von 1506 bis 1550, Köln u.a. 2002

Spieker, Christian Wilhelm: Beschreibung und Geschichte der Marien- oder Oberkirche zu Frankfurt an der Oder. Ein Beitrag zur Kirchen- u. Reformationsgeschichte der Mark Brandenburg, Frankfurt (Oder) 1835

Splett, Jürgen: Musculus (Meusel), Andreas (in: Lothar Noack, Jürgen Splett: Bio-Bibliographien. Brandenburgische Gelehrte der Frühen Neuzeit. Mark Brandenburg mit Berlin-Cölln 1506-1640, Berlin 2009, 391-423)

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