Freiheit

Die „christliche Freiheit“ war ein wichtiger Programmpunkt der Reformation. „Freiheit“ meint dabei etwas ganz bestimmtes: die Freiheit des Christenmenschen von den das menschliche Leben verknechtenden Unheilsmächten (von Sünde, Tod und Teufel – oder kurz gesagt: vom Gesetz) und die damit zusammenhängende Freiheit der Selbsthingabe an den Mitmenschen in der Liebe. Wer an Christus als Gottessohn und Erlöser glaubt, wird durch diesen Glauben gerechtfertigt, das heißt: von Sünde, Tod und Teufel frei und frei davon, sich durch Gesetzeswerke und Frömmigkeitsleistungen sein Heil selbst zu verdienen. Die im Rechtfertigungsglauben gegebene christliche Freiheit hat weitreichende Auswirkungen auf das Leben der Christen und die Gestalt der Kirche: Sie stellt das befreiende Gotteswort in den Mittelpunkt und wirkt sich in der Nächstenliebe aus. Die von Martin Luther in seiner „Freiheitsschrift“ 1520 entwickelte reformatorische Freiheitsidee wurde von der damals beginnenden reformatorischen Bewegung aufgenommen und fand ihre Umsetzung in den entstehenden reformatorischen Landeskirchen.

Auch in der Kirchenordnung für das Kurfürstentum Brandenburg von 1540 findet sich ein Abschnitt über die christliche Freiheit, der aus dem „Unterricht der Visitatorn“ von 1528 und der Brandenburgisch-Nürnbergischen Kirchenordnung von 1533 übernommen wurde. Die hier zusammengefasste Lehre von der christlichen Freiheit war verbindliche Vorgabe für die Verkündigung im Kurfürstentum Brandenburg. Christliche Freiheit ist nach der Kurbrandenburgischen Kirchenordnung von 1540 nicht die Freiheit von den Verpflichtungen in Kirche und Welt, sondern die durch Christus geschenkte Sündenvergebung, die frei macht von allem Bemühen, sein Heil aus eigener Kraft zu bewirken, und gerade deshalb frei macht, Gott zu lieben und dem Mitmenschen zu dienen. Kehrseite dieser streng theologisch zu verstehenden Freiheit Gott gegenüber ist die Freiheit in der Gestaltung der Verhältnisse von Welt und Kirche: Christen sind nicht an bestimmte Ordnungen von Welt und Kirche gebunden, sondern sie sind frei, in beiden Bereichen verantwortlich zu handeln. Das heißt jedoch nicht, dass diese Verhältnisse völlig beliebig gestaltet werden können: In der Welt respektiert der christliche Glaube gewachsene Traditionen und das Urteil der Vernunft; in der Kirche schätzt der christliche Glaube die äußeren Strukturen und Zeremonien.

Neben diesem theologischen Freiheitsbegriff gab es auch zur Zeit der Reformation viele andere Möglichkeiten von Freiheit zu sprechen. Die Reformation hat die „christliche Freiheit“ bewusst auf Rechtfertigungsglauben und Nächstenliebe bezogen und den Freiheitsbegriff nicht politisch, sozial, ökonomisch oder philosophisch gefüllt.

Andreas Stegmann

Weiterführende Literatur:

Kirchen-ordnung im churfurstenthum der marcken zu Brandenburg, wie man sich beide mit der leer und ceremonien halten sol, Berlin 1540, erster Hauptteil, fol. R 1v‒R 3v

Maron, Gottfried: Luther und die Freiheitsmodelle seiner Zeit (in: Gottfried Maron: Die ganze Christenheit auf Erden. Martin Luther und seine ökumenische Bedeutung, hg. v. Gerhard Müller und Gottfried Seebaß, Göttingen 1993, 58‒65)

Slenczka, Notger: Freiheit von sich selbst ‒ Freiheit im Dienst. Zu Luthers Freiheitsschrift (in: Dimensionen christlicher Freiheit. Beiträge zur Gegenwartsbedeutung der Theologie Luthers, Leipzig 2015, 81‒118)

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