Luther, Martin (1483–1546)

Obwohl der Wittenberger Reformator Luther wohl nie in der Mark Brandenburg gewesen ist, hatte er große Bedeutung für die kirchliche Entwicklung hier. Der Petersablass, auf den Luthers 95 Thesen über die Kraft der Ablässe 1517 reagierten, wurde von den brandenburgischen Hohenzollern gefördert, weshalb Kurfürst Joachim I. und Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg sich schon 1517/18 gegen Luther wandten. Beide bekämpften als der Papstkirche loyale Herrscher während der 1520er und 1530er Jahre die von Luther inspirierte reformatorische Bewegung, die die Wittenberger Reformideen auch in der Mark Brandenburg verbreitete. In der kurfürstlichen Familie wurden während der 1520er Jahre Kurfürsten Elisabeth und wahrscheinlich auch Kurprinz Joachim sowie Markgraf Johann für die Reformation gewonnen, woraus sich ein teils persönlicher, teils brieflicher Kontakt mit Luther ergab. Mit der Öffnung gegenüber der Reformation seit 1535 und ihrer Einführung durch Markgraf Johann von Küstrin 1536/37 und Kurfürst Joachim II. 1539 wurde der Einfluss der von Luther maßgeblich bestimmten Wittenberger Reformation auf die kirchliche Erneuerung in der Mark Brandenburg unübersehbar. Die 1540 erlassene kurbrandenburgische Kirchenordnung und deren Umsetzung in der Folgezeit orientierten sich eng am Wittenberger Vorbild. Luther wurde als Berater für die Durchführung der brandenburgischen Reformation herangezogen, auch wenn es wegen seiner Kritik an Albrecht von Mainz und am Hofprediger und Generalsuperintendenten Johannes Agricola Vorbehalte auf Seiten des Kurfürsten gab.

Dass sich die brandenburgische Reformation Luther letztlich verdankte und von ihm wesentliche Impulse empfing, war in Brandenburg während der ganzen frühen Neuzeit im Bewusstsein. Handgreiflichen Ausdruck bekam dieses Wissen um die besondere Rolle des Wittenberger Reformators in den Lutherporträts, die sich in vielen evangelischen Kirchen fanden. Ein besonders schönes Beispiel ist das von Lucas Cranach d. J. geschaffene Weinbergretabel in Salzwedel, auf dessen Flügeln sich außen ganzfigurige Porträts von Luther und Melanchthon finden. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde Luther in Berlin und Brandenburg durch die Aufstellung von Lutherstatuen, durch die Darstellung auf Denkmälern und Gendenkbildern und durch die Benennung von Kirchenneubauten geehrt.

Persönlich ist Luther wohl nie in Berlin und Brandenburg gewesen. Durch die Gebietsveränderungen im Laufe der Neuzeit gehören heute allerdings einige Orte zum Bundesland Brandenburg bzw. zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, an denen Luther sich tatsächlich aufgehalten hat: Bad Belzig, Herzberg, Bad Liebenwerda oder Schlieben. Teile des heutigen Südwest- und Südbrandenburg gehörten nämlich im 16. Jahrhundert zu Kursachsen. Dass Luther auch jenseits der kursächsischen Grenze war, wie es die örtliche Überlieferung etwa in Treuenbrietzen behauptet, ist dagegen nicht belegbar und wenig wahrscheinlich.

Andreas Stegmann

Weiterführende Literatur:

Kawerau, Gustav: Joachims II. Verhältnis zu Luther (JBrKG 7/8, 1911, 243–260)

Stegmann, Andreas: Martin Luther und Brandenburg (in: Luther und die Folgen. Reformation in Brandenburg, hg. v. der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte GmbH Kulturland Brandenburg, Leipzig 2017, 32–37)

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