Pest

Epidemien waren im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit häufig. Zu den wichtigsten Infektionskrankheiten, die auf die breite Bevölkerung übersprangen, gehörte die Pest. Verursacht wurde sie von einem Bakterium und übertragen wurde sie über Flöhe von infizierten Nagetieren. Die Pest war hochinfektiös und sehr gefährlich. Die Beulenpest war für etwa die Hälfte der Infizierten tödlich, die Lungenpest fast für alle Infizierten. Die märkischen Chronisten berichten von zahlreichen Pestausbrüchen im 16. Jahrhundert, die viele Opfer forderten.

Wie man sich angesichts einer Pestepidemie verhalten sollte, wurde in gedruckten Pestschriften dargelegt. Solche Pestschriften, die in der frühen Neuzeit weit verbreitet waren, gab es auch in der Mark Brandenburg. Mediziner stellten in ihnen Ratschläge zur Vorsorge und Behandlung der Pest zusammen. Zweierlei Arznei empfehlen sie: zum einen Hygienemaßnahmen und medizinische Hilfsmittel; zum anderen Buße und Nächstenliebe. Denn für das frühneuzeitliche Luthertum war die Pest eine Gottesstrafe für den Unglauben der Menschen. Diese Strafe konnte nur abgewendet werden, wenn sich die Menschen Gott wieder zuwandten und um Vergebung für ihre Gottlosigkeit baten. Zugleich schärfte das Luthertum ein, die von Gott gegebenen medizinischen Möglichkeiten zu nutzen und der Seuche mit weltlicher Klugheit zu begegnen. Medizinische und religiöse Pestbewältigung schlossen sich nicht aus, sondern ergänzten einander. Das zeigen auch die Pestschriften der märkischen Geistlichen, die die religiösen Ursachen der Pest und die Gegenmittel darlegen und dabei wie die Mediziner geistliche und ärztliche Hilfe verbinden. Theologisch sind die Pestschriften der Geistlichen und Mediziner der Wittenberger Reformation verpflichtet. Es handelt sich um Zeugnisse der lutherischen Konfessionskultur.

Einige Pestschriften verweisen auch auf die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit zur Seuchenvorsorge und zur Koordinierung der Abwehrmaßnahmen. Tatsächlich bemühten sich die Territorialobrigkeit und die städtischen Magistrate um die Eindämmung der Pest. Die von Kurfürst Joachim II. 1552 und von Kurfürst Joachim Friedrich 1598 erlassenen Pestordnungen für die Doppelstadt Berlin-Cölln zeugen von diesem Bemühen. Diese Pestordnungen deuten die Pest religiös und fordern zur Buße auf, begegnen ihr aber auch mit den üblichen und wirkungsvollen Maßnahmen menschlicher Seuchenbekämpfung: Quarantäne, Kontaktbeschränkungen und Hygiene.

Andreas Stegmann

Weiterführende Literatur:

Die leidige Seuche. Pest-Fälle in der Frühen Neuzeit, hg. v. Otto Ulbricht, Köln u.a. 2004

Eikermann, Diethelm; Kaiser, Gabriele: Die Pest in Berlin 1576. Eine wiederentdeckte Pestschrift von Leonhart Thurneisser zum Thurn (1531‒1596), Rangsdorf 2012

Schultze, Johannes: Die Pest in Spandau 1576 (Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 50, 1938, 122‒129)

Stegmann, Andreas: Zweierlei Arznei gegen die Pest. Brandenburgische Pestschriften des Reformationsjahrhunderts (Lutherjahrbuch 88, 2021, 134‒184)

Stegmann, Andreas: Berliner Pläne zur Seuchenbekämpfung aus dem 16. Jahrhundert. Die kurfürstlichen Pestordnungen von 1552 und 1598 und der Pesttraktat des Berliner Stadtarzts von 1566 (Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 66, 2020, 1‒40)

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